Die innere Anteile Methode
Oder: „Das Innere Team“
Wie deine inneren Anteile dich auf dem Weg zum Wunsch-Ich unterstützen können.
In diesem Beitrag werden wir uns mit der faszinierenden Welt der inneren Anteile auseinandersetzen und herausfinden, wie die Methode des „Inneren Teams“ dir helfen kann, deine Emotionen besser zu verstehen und zu steuern. Du wirst erfahren, wie innere Stimmen – die oft als Widersprüche in unserem Denken wahrgenommen werden – in Wirklichkeit wertvolle Wegbegleiter sind, die uns unterstützen können, unsere Ziele zu erreichen.
Wir schauen uns an, wie sich diese Methode entwickelt hat und du erfährst praxisnahe Tipps, wie du eine wertschätzende Beziehung zu deinen inneren Anteilen aufbauen kannst, um in dir selbst ein harmonisches Innenleben zu gestalten.
Ich halte diese Coaching-Methode oder Vorgehensweise für eine der besten aus dem Coaching. Sie funktioniert sehr gut in allen Belangen, wo man mit Gefühlen konfrontiert ist, die oft dem Ziel bzw. dem Wunsch wie man sein möchte, entgegenstehen. Wenn du selbst Klarheit über die verschiedenen Gefühle und deren Motivationen hast, dann bist du diesen Gefühlen nicht mehr hilflos ausgeliefert. Statt impulsiven Reaktionen, die nicht zum Ziel führen, kannst du für dich zufriedenstellende Lösungen finden.
Wie viele Coaching-Methoden stammt es ursprünglich aus der Therapie. Die Methode, sich den verschiedenen inneren „Stimmen“ zuzuwenden, ist jedoch schon sehr alt und schon in der Antike im Begriff „Daimonion“ (Dämon) enthalten. Kommunikations-Experte Schulz von Thun nennt es „Das innere Team“, was sich aus der „Ego-State-Therapie“ ableitet. Diese geht von einem durch Traumata fragmentierten Selbst aus und hat zum Ziel, die einzelnen Anteile durch Aufbau einer wertschätzenden Beziehung zueinander zu integrieren.
Kommunikationsprofi Schulz von Thun hat mit seiner Methode „Das innere Team“ aus dem therapeutischen Konzept eine Vorgehensweise geschaffen, die auch für Menschen im nicht-therapeutischen Kontext geeignet ist. Sie ist sehr hilfreich für alle Themen, in denen Gefühle eine Rolle spielen. Und das ist öfter der Fall als wir denken, denn ein rein rationales Verhalten gibt es nicht. Auch im Business trotz vieler Irrglauben nicht. Dies ist sehr anschaulich von Paul Watzlawick in seinem Buch „Wie wirklich ist die Wirklichkeit“ dargestellt, ein Klassiker in der Psychologie-Literatur.
Fast jeder Mensch kennt solche inneren Stimmen, die uns im Positiven ermutigen, leider aber oft genau das Gegenteil für uns tun. Diese Stimmen sind Anteile in uns, die sich im Laufe unseres Lebens und der Konditionierung gebildet haben. Je nachdem wie entmutigend und entfremdend unser Umfeld für uns war, bilden sich solche Anteile in uns aus. Solche Anteile haben alle eine ursprüngliche Motivation, nämlich uns vor etwas im Außen zu schützen.
Hier ein Beispiel dazu:
Versetze dich einmal in folgende Situation: Du erhältst von einem Kollegen ein E-Mail, in der er dich beschuldigt, etwas unterlassen zu haben. Als Adressat hat der Kollege zusätzlich mehrere Personen in Cc gesetzt, von denen einige für dich entscheidend für deinen Erfolg sind. Wenn deine erste Reaktion Wut ist, ist es natürlich und verständlich. Die Frage ist nun, ob es für dich eine gute Lösung ist, diesem ersten Impuls zu folgen und mit einer wütenden oder verteidigenden E-Mail zu antworten.
Noch ein weiteres Beispiel, in dem die Akzeptanz des Gefühls nicht so eindeutig ist.
Nehmen wir an, du gerätst mit deinem Partner, Partnerin oder einer nahestehenden Person immer wieder in einen Konflikt, wenn es um ein bestimmtes Thema geht. Hinterher fühlst dich schlecht, aber da ist auch noch ein anderes Gefühl wie Wut oder Hilflosigkeit. Du merkst vage, dass du dich irgendwie falsch verhalten hast, aber das ist eben auch noch dieses andere Gefühl, im Recht zu sein.
Hier entsteht also deutlich ein innerer Konflikt. Du verstehst, dass sich die Situation für dich nicht verbessern kann, wenn du weiterhin vorwurfsvoll oder wütend bist. Gleichzeitig empfindest du im Innern auch, dass für dich im Umgang mit diesem Thema nicht richtig gesorgt ist.
Wie gehe ich mit meinen inneren Konflikten um?
Im ersten Schritt ist es schon mal hilfreich, diese Anteile in dir wahrzunehmen und anzuerkennen. Setz dich mit diesen Anteilen im wahrsten Sinne des Wortes auseinander. Hier wird im Coaching gerne mit verschiedenen Stühlen für die jeweiligen Anteile gespielt, jedes Gefühl ist ein eigener Anteil und erhält einen Stuhl. Du kannst für dich einfach einen passenden Platz im Raum wählen, um dich in diesen Anteil hineinzuversetzen.
Konkret bedeutet es, dass du dich wirklich in einen Platz hineinsetzt, und mit diesem Anteil (Gefühl) redest, als wäre es eine Person. Gib diesem Anteil einen Namen, der stimmig klingt, damit du dich wirklich darin hineinfühlen kannst. Du könntest den Anteil zum Beispiel einfach nach dem Gefühl nennen (z.B. meine Kämpferin, der Hilflose, die Beleidigte…) oder auch nach einer Person, die du mit diesem Gefühl verbindest.
Starte also mit dem Namen. Wenn der dir noch nicht passend erscheint, nimm ersatzweise erstmal den naheliegendsten, es kann später noch etwas Passenderes auftauchen. Nun suche dir einen Platz, der für diesen Anteil steht, und einen Platz, der dich repräsentiert. Auch wenn es dir anfangs vielleicht komisch oder sogar lächerlich erscheint, mit einem imaginären Teil zu reden, du wirst sehen, dass es später stimmig wird. Lass dich einmal darauf ein, sei in einer offenen und neugierigen Haltung.
Der Prozess
Setz dich nun als erstes auf den Platz, der dich selbst repräsentiert. Sprich den Anteil an und sage ihm, dass du ihn respektierst, und hier bist, um eine gemeinsame Lösung zu finden. Sage ihm, dass du gerne hören möchtest, ob er dir etwas zu sagen hat. Versprich ihm, zuzuhören, und nimm dein Versprechen auch ernst. Was entsteht dabei in dir? Wie fühlst du dich auf diesem Platz? Hast du das Gefühl, mit dem Anteil im Kontakt zu sein oder in Verbindung zu stehen?
Wenn ja, kannst du nun den Platz wechseln und den anderen Anteil einnehmen.
Wenn da noch nichts in dir entsteht, prüfen noch einmal, ob du wirklich in einer wohlwollenden und anerkennenden Haltung bist. Spürst du in dir eine Abneigung, der Methode gegenüber? Wenn ja, kannst du diese Abneigung begründen, und kannst du dich vielleicht trotzdem versuchsweise einmal darauf einlassen? Oder hat es damit zu tun, dass du zu dem Gefühl einfach keinen Kontakt verspürst? Wenn ja, versuche nochmal dir klarzumachen, dass dahinter etwas steckt, was für dich einmal hilfreich war, aber inzwischen eben in den aktuellen Situationen nicht förderlich für dich ist. Frage dich selbst so lange, bis du aus deinem Inneren eine stimmige Antwort erhältst.
Auf dem anderen Platz finde dich erstmal in diesen Anteil ein, bevor du antwortest. Nimm dir ein paar Atemzüge oder auch länger Zeit, bis du ein Gefühl spürst: ja, jetzt „bin“ ich dieser Anteil (dieses Gefühl). Nun schau einfach, was auftaucht, und lass es unbewertet geschehen. Vielleicht kommen Worte, vielleicht ein körperliches Empfinden, vielleicht ein Signal wie Tränen, Zittern, Nervosität, oder ein Gefühl wie Unwohlsein, Wut… was auch immer es ist, lass es einfach da sein. Hier ist es wichtig, dem, was auftaucht, auch wirklich einen respektvollen Raum zu geben. Dann wird der Anteil auch bereit sein, mit dir in einen Dialog zu treten. Sprich es auch wirklich und genau so aus, wie du es in dem Moment in diesem Anteil empfindest.
Dann nimmst du wieder den ersten Platz ein und fühlst, was die Worte des Anteils in dir bewirken. Gibt es jetzt eine Veränderung? Verstehst du jetzt etwas, was vorher noch nicht bewusst war, oder spürst du nun eine andere Haltung dem Anteil gegenüber wie Verständnis, Wohlwollen, Akzeptanz? Wenn davon noch nichts stattgefunden hat, was möchtest du dem Anteil jetzt noch erwidern? So wechselst du immer wieder hin und her zwischen den Anteilen, bis sich etwas in dir entwickelt hat, was dich zu einem tieferen Verständnis führt.
Kann ich das auch allein durchführen?
Du kannst es mit dieser Anleitung erst einmal versuchen und du wirst schnell feststellen, ob es funktioniert oder nicht. Manchmal kann es sehr schnell gehen und sich schon nach einer einzigen selbst durchgeführten Sitzung verändern. Manchmal kommt aber weder eine Veränderung noch tauchen Worte auf. Wenn du spürst, dass du dem ganzen noch mit großen Zweifeln gegenüberstehst, dann gibt es wahrscheinlich in dir oder in diesem Anteil oder einem anderen Anteil noch einen Grund, warum etwas (noch) nicht bewusst sein soll.
Prüfe es für dich und gehe immer liebevoll mit dir um
Wenn du Widerstände spürst oder negative Bewertungen dem ganzen gegenüber auftauchen, dann ist auch dies wieder ein Anteil, der etwas aus einem bestimmten Grund verhindern will. Wenn du gar nichts spürst, könnte es sein, dass du noch etwas mehr über die Methode wissen musst.
All dies sind erst einmal „nur“ rationale Beschreibungen. Eine Veränderung kann erst dann auftreten, wenn die Gefühle angesprochen werden. Bei jedem Menschen ist die Reihenfolge, also: fühle ich etwas und beginne dann es zu verstehen, oder verstehe ich etwas, und kann erst dann auch das Gefühl wahrnehmen, unterschiedlich. Probiere aus, ob du mit dieser Methode allein einen Zugang findest. Wenn dies nicht funktioniert, kannst du es auf einem rationalen Weg versuchen. Du kannst dem Gefühl folgen, wie einem Faden oder ein Prozess, der auf eine bestimmte Art und Weise abläuft, und immer wieder fragen: wozu dient mir dieses Gefühl?
Was ist, wenn ich dabei nicht weiterkomme?
Natürlich ist dies erst einmal eine grobe Beschreibung. Entweder brauchst du noch mehr Wissen über die Methode oder du brauchst eine emotionale Inspiration oder Begleitung. Wenn du noch mehr über die Methode wissen willst, kann ich dir Literatur von Friedemann Schulz von Thun empfehlen. Mir persönlich fehlte dabei noch die emotionale Komponente, es hatte mich nicht „berührt“ sondern ist eher rational beschrieben. Aber wie gesagt, haben wir jeder unterschiedliche Zugänge, und nichts davon ist richtig und falsch, sondern wir müssen unsere eigene Art und Weise herausfinden und schätzen. Es gibt auch noch das Buch „Praxis der Ego-State-Therapie von Kai Fritzsche, was aber für Therapeuten geschrieben ist und entsprechend fachlich formuliert. Wenn dich so etwas aber anspricht, dann könnte es hilfreich sein. Auch von Jochen Peichl gibt es ein Buch „Jedes Ich ist viele Teile“, was aus der Traumatherapie stammt.
Es hat meist eine größere Wirkung, wenn wir von einer professionellen Person geführt werden. Ich habe es schon unzählige Male erlebt, dass Menschen nur schon durch den Raum, den ich ihnen geben kann, und eine sanfte Anleitung durch die richtigen Fragen, sehr schnell in ihr Gefühl kamen und dabei tiefgreifende Veränderung möglich waren. Selbst wenn wir eher erst durch die rationale Fähigkeit Zugang zu etwas haben, stecken wir mit uns allein in einem bestimmten Prozess stecken. In der Begleitung wird also auch noch etwas anderes möglich. Vor allem der emotionale Zugang wird aktiviert, da ein guter Profi erkennt, wo Hinweise auftauchen.
Erst wenn wir alle Zugänge wahrnehmen können, wozu wir Menschen fähig sind, ergibt es im Zusammenschluss eine sehr bereichernde Entwicklung, die vieles einschließt. So wie in einem Orchester jedes Instrument zur Schönheit der ganzen Komposition beiträgt. Diese Instrumente stecken in mehreren Formen in uns. So in unseren Sinnen sehen, hören, fühlen, riechen schmecken und auch der Intuition, außerdem in unserer kognitiven also denkenden Fähigkeit, und der tiefen biologischen Wahrnehmung und Wirkung (Embodyment, hierzu mehr in Heilung auf der körperlichen Ebene)
Wenn wir alle Möglichkeiten nutzen, mit denen wir wahrnehmen können, haben wir die Fähigkeit, mit diesen Zugängen zu spielen, also eine wunderbare Komposition zu kreieren. Wir können mal das eine und mal das andere als Schwerpunkt einsetzen, oder auch ein Solo spielen. Wir haben somit den Zugang zu unserem vollen Potenzial.
Wie wirkt die Auseinandersetzung mit den Anteilen?
Diese Art, einen inneren Dialog zu gestalten, führt dazu, dass du dich und deine verschiedenen Gefühle respektvoll und wertschätzend behandelst. Mit den eigenen Gefühlen ist es so wie mit verschiedenen Persönlichkeiten: sie haben Bedürfnisse und hinter deren Handeln steht eine Motivation.
Schon die Art und Weise, damit in eine Kommunikation zu treten, bewirkt, dass du dich und deine Gefühle ernst nimmst. Diese Zuwendung ist liebevoll und respektvoll. Indem du selbst mit dir und deinen verschiedenen Anteilen so umgehst, lernst du auch insgesamt mit dir liebevoll umzugehen.
Du findest heraus, dass diese Anteile alle ihre Berechtigung haben, weil es immer ein Grund dafür gab, dass diese aktiv waren. Und somit nimmst du die Anteile bedingungslos an! Bedingungslose Annahme ist genau das, was Eltern idealerweise ihren Kindern geben, um ein gesundes Wachstum zu ermöglichen. Wenn dies dir nicht gegeben war, dann ist also jetzt umso wichtiger, dass du es als erwachsener Mensch mit dir selbst tust. Dich bedingunslos annehmen bedeutet, dich zu lieben!
Erst, wenn du dich selbst lieben kannst, bist du in der Position, zu geben!
Deine langfristige Veränderung mit dieser Methode
Indem du diesen Dialog bewusst und achtsam führst, kannst du lernen, deine Emotionen und Gedanken besser zu verstehen und zu steuern. Es mag anfangs ungewohnt oder herausfordernd sein, aber mit der Zeit wird sich ein tieferes Verständnis für dich selbst entwickeln.
Nimm dir die Zeit, diese Methode immer wieder anzuwenden und es wird irgendwann für dich zur Gewohnheit, auch mit dir selbst so respektvoll umzugehen wie mit einzelnen Anteilen von dir. Beobachte, wie sich deine Beziehung zu deinen inneren Anteilen und letztendlich zu dir selbst positiv verändert. Hier kannst du zur Begleitung ein Coaching bei mir buchen.
Fazit:
Jeder Schritt auf deinem Entwicklungs-Weg führt dich näher zu einem harmonischeren und ausgeglicheneren Verhältnis zu dir selbst. Und somit zu der Fähigkeit, dir selbst und anderen uneingeschränktes Wohlwollen zu schenken.
Ich wünsche dir viel Mut und Kraft auf deinem Weg!
Herzliche Grüße
Dagmar von my-selfcoaching